Montag, 9. Dezember 2013

Beispielanalyse Kuhlau Sonatine op. 20

Die Sonatine für Klavier von Johann Kuhlau, opus 20, Nr. 1, steht in C-Dur und hat ein lebhaftes Tempo (Allegro). Ihr Charakter ist freudig und bewegt.

Die Sonatine hat keine langsame Einleitung, entsprechend beginnt der Hauptsatz in C-Dur in Takt 1. Ab Takt 13 ist ein Tonartwechsel nach c-Moll zu erkennen, in Takt 15 moduliert der Komponistüber die Doppeldominante D-Dur zur Dominante G-Dur, die in Takt 17 erreicht wird.

Hier beginnt auch der Seitensatz, der sich deutlich vom Hauptsatz unterscheidet. Der
aufsteigenden Dreiklangsmelodik in Takt 1 bis 3 mit großem Tonumfang steht eine absteigende Stufenmelodik in Takt 17/18 gegenüber. Auffällig sind auch die vielen harmoniefremden Töne im Seitensatz, während der Hauptsatz fast vollständig bei den Tönen der C-Dur-Tonart bleibt.

Rhythmisch wirkt der Seitensatz deutlich bewegter durch die Achtelbewegung in der rechten Hand. Die Notenwerte im Hauptsatz dagegen sind weitgehend durch Halbe und Viertel geprägt. Beide Themen haben eine geringe Lautstärke (piano), wobei die zusätzliche Spielanweisung „dolce“ (=süß, sanft) dem 2. Thema einen etwas weicheren Ausdruck geben soll. Auch die Begleitung beider Themen ist sehr ähnlich und besteht aus gebrochenen Dreiklangsfiguren, so genannten „Albertibässen“, wie sie in der klassischen Klaviermusik sehr häufig anzutreffen sind.

Im Charakter sind die beiden Themen deutlich gegensätzlich, das kraftvoll, in großen Notenwerten aufstrebende 1. Thema steht einem lyrischen und beweglicheren 2. Thema gegenüber. Besonders auffällig in der Exposition ist die Triolenbewegung in Takt 13 ff in der rechten Hand, verbunden mit wuchtigen Oktaven in der linken Hand, die den Anfang des Hauptsatzes aufgreifen, allerdings nach c-Moll verändern und in großer Lautstärke gespielt werden. Außerdem tauchen ab Takt 24 sehr prägnante Tonleiterbewegungen in Sechzehnteln auf. Diesen Teil kann man auch schon als Schlussgruppe ansehen, die ebenfalls in G-Dur, der Dominante zu C-Dur steht. Denkbar ist aber auch, die Schlussgruppe erst ab Takt 29 beginnen zu lassen.

Die Exposition wird wiederholt. Ab Takt 32 beginnt die Durchführung. In ihr werden entfernte Tonarten durchwandert, z.B. in Takt 39 As-Dur und in Takt 42 c-Moll. Motivisch greift der Komponist in der Durchführung Tonleiterfiguren aus der Exposition auf (Takt 41, Exposition Takt 24), das Staccatomotiv mit drei Achteln aus dem Hauptsatz (Exposition Takt 2, Durchführung Takt 35 bis 37) und die Oktaven in der linken Hand (Exposition Takt 13, Durchführung Takt 39 ff). Die gehäuften Sforzati ab Takt 42 verleihen der Durchführung einen dramatischen Charakter.

In Takt 50 beginnt die Reprise in der Haupttonart C-Dur. Der Seitensatz der Reprise beginn  in Takt 66, steht aber jetzt auch in C-Dur, der Tonika. Ebenso bleibt die Schlussgruppe in der Tonart C-dur ab Takt 73 bzw. 77.


Die Sonatine entspricht vollständig den „Regeln“ der Sonatenhauptsatzform. Besonderes Merkmal sind die starken Kontraste in Rhythmus und Dynamik, die das Stück sehr abwechslungsreich gestalten, obwohl die beiden Hauptthemen im piano gehalten sind. Dramatische Passagen erscheinen in diesem Stück eher in den Überleitungsteilen, der Schlussgruppe und der Durchführung.

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