Dienstag, 3. Dezember 2013

Spuren der Kolonialzeit: Denkmäler, Alltagskunst und Erinnerungskultur

Geschichte erinnern:

Mit einer Dauer von nur rund 30 Jahren (1884 – 1914/1918) hatte die deutsche Kolonialherrschaft für vergleichsweise kurze Zeit Bestand. Historiker nennen dies oft eine ,,kurze koloniale Episode‘‘ und meinen damit auch, dass diese Zeit heute in der Erinnerung kaum noch präsent ist. Die Spuren – und Narben – dieser Zeit sind jedoch in den ehemaligen Kolonien, aber auch in Deutschland, heute noch zu finden. Diese ,,Spuren‘‘ in Deutschland sind in der Regel Denkmäler – in einem engeren Sinn mit der ,,Hauptfunktion des zweckvollen Erinnerns‘‘ und einem weiteren Sinn als ,,Zeugnisse der kulturellen Entwicklung einer Gesellschaft‘‘(Joachim Zeller)

Es sind also nicht nur ,,Denkmäler‘‘ im Wortsinne – mehr oder weniger bildhafte Monumente – oder aber auch Namen von Plätzen und Straßen, die gezielt eine Erinnerungsfunktion wahrnehmen, also Erinnerung stiften sollen. Vielmehr können im erweiterten Sinne auch erhalten gebliebene Bauwerke aus der Zeit des Imperialismus, wie das eindrucksvolle ,,Afrikahaus‘‘ der Reederei Woermann in Hamburg, oder Redensarten, Lieder und Werbefiguren ein Träger von Erinnerung sein: Sie sind Objekte  oder Orte, mit denen sich für die Nachwelt eine Erinnerung verbindet.
Bei der Betrachtung von Denkmälern jeder Art sind vier Bedeutungsebenen zu klären – je nach Art des Objekts kann sich dies schwierig gestalten, doch grundsätzlich lassen sich auch Denkmäler im weitesten Sinne mit diesem Raster beschreiben:

·         Die Grundbedeutung – also die Frage, worum es sich offensichtlich bei dem Objekt handelt, und die Beschreibung dessen, was zu sehen ist (Motive, Inschriften usw.)
·         Die übertragene Bedeutung – also der symbolische Sinn oder die Bedeutung eines symbolischen Gegenstandes, aber auch die Gefühle, die das Objekt beim Betrachter auslösen soll.
·         Die im und durch das Objekt artikulierte Geschichte, also die Frage nach dem, welche Geschichte das Objekt darstellt.
·         Der Umgang mit Geschichte und die allgemeinen Geschichtsvorstellungen, wie sie im Objekt zum Ausdruck kommen, also die Einstellung zur Geschichte, wie sie durch das Denkmal vermittelt werden soll.

Das Kriegdenkmal
 ,,Deutsch-Ostafrika/Schutztruppe''
entstand in der Zeit des
Nationalsozialismus und wurde 2003
im so genannten ,,Tranania-Park'' in
Hamburg-Jenfeld wieder aufgestellt.
Nicht immer erschließen sich die Spuren der Zeit des Imperialismus auf den ersten Blick, und oft haben sie sich beinahe unbemerkt über jahzehnte erhalten. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Bilder und Deutungen einerseits in sich tragen, anderseits beim Betrachter dessen individuelle interpretation entstehen lassen, die sich mit diesem Raster erfassen lässt.
Die größere Zahl der Denkmäler im engeren Wortsinn, also zunächst Monumente des ,,zweckvollen Erinners‘‘, aber auch Straßenwidmungen stammt aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg: Der Friedensvertrag von Versailles (28. Juni 1919) hatte in Artikel 119 verfügt: 
,,Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Haupmächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.‘‘ 
Umso intensiver waren die Bemühungen, die Erinnerung and die verlorenen Kolonien nicht nur zu bewahren, sondern auch durch die Form ihrer Darstellung und die Auswahal dessen, was erinnert werden sollte, zu idealisieren. Einige dieser Denkmäler sind heute nicht mehr zu sehen, wie das Wissmann-Denkmal, das den deutschen Kolonialpionier Hermann von Wissmann und einen schwarzen Askari Soldaten in interwürfiger Pose zeigt. Es wurde 1909 in Daressalam (heute Tansania) errichtet, nach dem Krieg dort demoniert und 1922 im Hamburg wieder errichtet. 1968 wurde es von Studenten gestürzt und wird seitdem eingelagert.

Im Gegensatz zu großen baulichen Monumenten sind Straßennamen, die an die deutschen Kolonien, Kolonialpioniere und krieger und die Schlachtfelder der Kolonialkriege erinnern, verhältnismäßig unauffällige ,,Denkmäler‘‘. Dennoch sind sie immer wieder Inhalt hitziger Debatten - ,,koloniale‘‘ Straßennamen sorgten in den letzten Jahren beispielweise in Berlin und München für intensiver Diskussionen. Die Benennung der Von-Trotha-Straße in München, die ursprünglich dem Generalleutnant Lothar von Trotha gewidmet war, der den Aufstand der Herero und Nama in Südwestafrika brutal niedergeschlagen hatte, ist seit 1993 umstritten. Die im Jahr 2005 beschlossene Unwidmung in Herero-Straße wurde von einem noch immer andauernden Streit zwischen Gegnern und Befürwortern dieser Maßnahme begleitet. Ähnlich verhielt es sich bei der Unwidmung der Berliner Petersallee, die 1939 nach dem für seine Brutalität gegenüber der afrikanischen Bevölkerung berüchtigten deutschen Kolonialpionier Dr. Carl Peters (1856-1918) benannt wurde. Nach heftigem Streit um die Umwidmung der Straße ist die Straße nun dem Gedenken an den Frühren Berliner Stadtverordneten Prof. Dr. Hans Peters gewidmet.
Straßenschild der ,,umgedeuteten'' Petersallee in Berlin



,,Erinnerungsorte‘‘ und Denkmäler des Imperialismus – sowohl im engeren als auch im weiteren Wortsinn des Denkmals – finden sich heute noch in vielen Städten Deutschlands. Beim Auffinden hilft neben etwas Spürsinn und einem Stadtplan auch das örtliche Stadtarchiv – ist das Denkmal nich mehr existent oder gab es lediglich Planungen, finden sich Spuren davon häufig im Stadtarchiv oder in den Archiven der Lokalzeitung. Einen umfangreichen Katalog über eine Veilzahl von Kolonialdenkmälern hat z.B auch her Historiker Joachim Zeller in seinem Buch ,,Kolonialdenkmäler und Geschichtsbewusstsein‘‘ (Frankfurt, 2000) zusammengestellt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen